Vorfrühling

Anfang April sollte der Frühling eigentlich schon ziemlich fortgeschritten sein. In diesem Jahr wird unsere Geduld jedoch überstrapaziert. Im Garten blüht bis jetzt nur das (man muss es so sagen) tapfere Schneeglöckchen. Wie schafft es diese zarte Pflanze, inmitten des letzten Schnees und der eisigen Winde als erste die weißen Köpfchen aus der kalten Erde zu recken? Nun, sie ist ihr eigenes kleines Kraftwerk und produziert Biowärme von 8- 10 Grad, um die Schneedecke über sich zum Schmelzen zu bringen und die Erde um sich herum zu erwärmen. Erstaunlich!

Die Blüte des Schneeglöckchens zeigt phänologisch den Beginn des Vorfrühlings an. Bis zum richtigen Frühling haben wir also noch einiges vor uns. In englischsprachigen Ländern nennt man die kleinen weißen Pflanzen „snowdrop“, also Schneetropfen. Zur weiteren Erwärmung ein paar Zeilen von Theodor Storm:

Der Winter schüttelte den Bart:
„Was sind mir das für Dinge!
Wie kommt dies Frühlingsblümelein
In mein bereiftes Haus hinein?
Potz Wunder über Wunder!“

Doch klingeling! Ringsum im Kreis
Bewegt‘ sich’s im geheimen;
Schneeglöckchen hob das Köpfchen weiß,
Maiblümchen stand im Keimen;

Und durch die Lüfte Tag für Tag,
Da ging ein süßer Lerchenschlag
Weit über Feld und Auen.

Herr Winter! greif Er nur zum Stab!
Das sind gar schlimme Dinge:
Sein weißes Kleid wird gar zu knapp,
Sein Ansehn zu geringe! –
Wie übern Berg die Lüfte wehn,
Da merk ich, was das Blümlein schön
Uns Liebliches bedeute.

Theodor Storm (1817-1888)

Erschienen am Food

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