Herbstmond

Der September geht mit einem leuchtenden Vollmond im Sternzeichen Widder zu Ende. Erntemond wurde dieser Monat früher genannt oder auch Holzmonat, wohl weil jetzt die Zeit gekommen war, die Holzvorräte für den Winter aufzustocken. Wehe dem, der für einen kalten Winter nicht gerüstet war. Das keltische Erntedankfest Mabon wurde zwischen dem 20. und 23. September gefeiert – zur Herbst-Tagundnachtgleiche – und die Germanen feierten bei reichlich Bier den Wotanstag, der dem obersten Gott Odin in der  nordischen Mythologie entsprach. Das Oktoberfest und alle anderen Volksfeste sind also nicht zufällig auf diesem Datum gelandet.

Wir trinken heute kein Bier, sondern erfreuen uns an einem Stückchen Poesie:

 Herbstmond

Der kürbisgelbe Mond auf seinem Geistergang
Schwebt überm Bergabhang und lebt
Im Abendlicht schon hell der Nacht voraus.
Er fliegt mit mir am Bahngeleis entlang
Und liegt im Himmel wie ein Schneckenhaus,
Hängt in der gelben Weinberglaube
Wie eine goldene Riesentraube.
Hoch überm Straßenstaube darf er wandern
Und läßt beschränkte Wege gern den andern.
Er schwebt wie nur ein aufgejagter Weih
Im lila Abendäther überm Staube frei,
Ist wie von einem Ei die goldene Schale.
Draus kriecht die Nacht und schleicht sich tief zum Tale,
Die Nacht, die hinterm Mond herstreicht,
Bei der er oft verliebt errötete und auch verliebt erbleicht.

Max Dauthendey
Aus Lieder der Vergänglichkeit

Erschienen am Food

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